Google Maps: Pflicht zur Kreditkarte und Unsicherheiten für Entwickler.

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Update: Wer einfach nur Google-Maps mit iFrames, also ohne großen Aufwand, einbinden möchte, dem sei folgende Anleitung auf unserem Blog empfohlen: „Google Maps: Einbindung einer Karte via iFrame (ohne API-Key)“.

Die Zeiten des Free Lunch bei Google scheinen, zumindest in Sachen Kartografie, vorbei zu sein. Wenn ab dem 16. Juli 2018 in neuen Web- oder App-Projekten die Google Maps eingebunden werden sollen, bedarf es, egal ob Konzern oder Freelancer, eine hinterlegte Kreditkarte bzw. ein SEPA-Lastschriftmandat.

Google kommuniziert recht eindeutig:

Im Juni 2016 haben wir angekündigt, dass wir die Nutzung ohne […] API-Schlüssel […] nicht mehr unterstützen. Diese Änderung tritt am 11. Juni in Kraft. Der Zugriff ohne Schlüssel ist danach nicht mehr möglich. Beim schlüssellosen Aufruf der Maps JavaScript API oder Street View API werden dann Karten mit geringer Auflösung ausgegeben, die mit dem Wasserzeichen “nur für Entwicklungszwecke” versehen sind. Und beim schlüssellosen Aufruf der folgenden APIs wird eine Fehlermeldung ausgegeben: Maps Static API (einschließlich Static Street View), Directions API, Distance Matrix API, Geocoding API, Geolocation API, Places API, Roads API und Time Zone API.

Zwar benötigt man bereits seit ein paar Jahren für die Einbindung des Kartendienstes einen API Key von Google. Bisher konnte man diesen API Key aber ganz entspannt beantragen: Ein Google-Konto erstellt, auf die Google Maps-Seite gegangen und mit einem Klick stellte Google den API Key bereit. So kommuniziert es Google auch heute noch auf seiner Website. Doch wird man hier stutzig: Denn für den API Key muss man sich jetzt bei der Google Cloud Platform (GCP) registrieren. GCP, GCP…ist das nicht so etwas wie Microsofts Azure oder Amazons AWS? Also eine für die meisten Projekte völlig überdimensionierte Infrastruktur?

Die Neuerungen bei Google Maps: Kreditkarte und geschenktes Guthaben

Die Neuerungen, die Google bekannt gegeben hat und die, mit einzelnen Ausnahmen, bisher kaum mediale Beachtung gefunden haben, wurden perfekt inszeniert: Google Maps wird noch einfacher! Und hier ist sicherlich mehr als ein Fünkchen Wahrheit dran. Denn gab es bisher 18 verschiedene APIs (Maps ist ja nicht gleich Maps) und verschiedene Preismodelle, werden diese nun in drei “Kernprodukte” (Maps, Routes und Places) aufgeteilt (Quelle). Was tatsächlich als die beste Neuerung verkauft wird, ist die Skalierbarkeit: Wenn die Zahl der Nutzer explodiert ist, musste man bisher einen manuellen Prozess mit Google anstoßen, was in der Übergangsphase in einer Down Time der API resultieren konnte. Dieser umständliche Übergang von kostenfrei zu kostenpflichtig fällt nun weg; denn, man erinnert sich an den Registrierungsprozess, es ist ja schon eine Kreditkarte hinterlegt worden (Quelle).

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Wird Google Maps kostenpflichtig? Für die meisten: Nein.

Zusammenfassung bis hierher:

  1. Man muss (auch als Bestandskunde) ein Rechnungskonto erstellen und eine Kreditkarte hinterlegen.
  2. Man erhält seinen API Key und baut diesen ein.
  3. Man erhält eine Rechnung von Google.

Wie hoch ist die monatliche Rechnung, die Google schreibt? Das hängt, wie bisher für Großkunden auch, von der Anzahl der monatlichen Aufrufe ab. Die Rechnung fängt zunächst mit einem monatlichen Guthaben von 200 $ an. Mit diesem “geschenkten Geld” kann man pro Monat pro API Key, so ist es zumindest unsere Auffassung, API-Aufrufe erwerben. Wie viele das pauschal sind, lässt sich nur bedingt sagen. Aus unserer Erfahrung als Web-Agentur schätzen wir ein, dass die meisten Seiten “Dynamic Maps” eingebunden haben. Sie lässt sich, bis die 200 $ aufgebraucht sind, monatlich bis zu 28.500 mal aufrufen, bevor sie pro Aufruf 0,56 ¢ kostet. Günstiger als diese Karte ist nur noch die wenig verbreitete “Static Maps”, die sich bis zum Aufbrauchen der 200 $ genau 100.000 mal aufrufen lässt. Da man ja gewohnt ist, mit Google Maps zu interagieren und diese Interaktion hier völlig fehlt, wirkt diese Art der Einbindung eher wie ein Screenshot.

Kritik aus der Community: Warum diese Bürokratie?

Auch wenn es Marketingverantwortliche und Geschäftsführende ungern hören; tief in sich wissen auch sie es: Die wenigsten Websites von kleinen und mittleren Unternehmen erreichen fünfstellige Aufrufzahlen pro Monat. Die wenigsten Websites / Apps werden schlagartig derart beliebt, sodass kleine und mittlere Unternehmen auch zukünftig nichts für Google Maps zahlen werden, ganz gleich welche Erfolgsgeschichten Google präsentiert. Dennoch ist der Ärger gerade unter Web-Entwicklern groß. Denn für sie bedeutet die Umstellung des Systems eine bürokratische Mehrbelastung.

Die Reaktion der Netzgemeinde auf Twitter war, wie zu erwarten, negativ. Und auch Google bekommt direkt Gegenwind. Unter diesem, offiziellen Video, das eigentlich nur erklären will, wie praktisch die Google Cloud Platform für Konzerne sein kann, ist die Meinungslage eindeutig.

Kritische Kommentare wegen Kreditkarte für Google Maps

Die hier angebrachten Kommentare lassen sich in drei Kritikpunkten zusammenfassen:

  • Google ist die bürokratische Datenkrake: Klar, Google kennt vermutlich mehr über uns als wir selbst. Konnte man Google Maps bisher unkompliziert für seine Projekte nutzen, wird das, relativ zum Gesamtaufwand insbesondere für das Entwickeln neuer Websites aufwändiger. Denn: Man muss eine Kreditkarte (bzw. ein SEPA-Mandat) hinterlegen. Selbst wenn die Daten sicher bei Google liegen. Sie liegen bei Google.
  • Das Ausrollen der neuen Policy generiert eine grundlegende Unsicherheit bei bestehenden Web Projekten. Sämtliche Projekte müssen neu aufgerollt werden und konfrontieren Agenturen auf eine “Friss-oder-Stirb” Art und Weise mit ihren Kunden. Es muss nun zwischen Kunde und Agentur geklärt werden, wer die Kreditkarte hinterlegen soll. Ist es der Kunde, kann die Agentur nun in der GCP weitere Dienstleistungen buchen. Ist es die Agentur, sollte sie bei Kunden, die an der Aufruf-Freigrenze scharren, eine Vereinbarung treffen, dass der Kunde diese Kosten übernimmt.

Bequemlichkeit versus Open Street Map

Neben Google Maps, gibt es noch weitere Anbieter. Auf der kommerziellen Ebene ist das natürlich Bing Maps, aber der wirkliche Herausforderer ist Open Street Map. Dieses Open Source Projekt mit seinen, auf Nahdistanzen Google ebenbürtigen Apps (Android und iOS) hat zwar nicht die prominenten Anwendungsfälle wie “Pokémon Go”, doch die Liste an kommerziellen Anwendungsfällen ist alles andere als kurz.

Anwendungsfall Website: Der, aus dem Agenturalltag als solcher betrachtete, normale Anwendungsfall “Eine Karte einbinden” scheint auf den ersten Blick auch nicht zu komplex. Das Open Street Map Project erklärt Schritt für Schritt wie man die Karten einbindet. Und wem das zu kompliziert ist, der oder die kann das Open Street Map Plugin für WordPress oder das Open Street Map Modul für Joomla! installieren.

Ob wir uns als Agentur für oder gegen Google entscheiden, ist noch unklar. In jedem Fall bedeutet der Paradigmenwechsel seitens Google einen Mehraufwand für Agenturen und Kunden. Vielleicht fasst sich die freie Internetgemeinschaft ja wirklich ein Herz und entwickelt dieselben tollen Anwendungen, die es bisher auch schon für Google Maps gibt für Open Street Map.